Sieben Kilometer und das Himalaya des Nahost-Konflikts

Jerusalem liegt etwa 7 Kilometer nördlich von Bethlehem. Ein Katzensprung!
Früher waren das vielleicht 10-15 Minuten mit dem Auto. Heute ist das anders.
Während der zweiten Intifada (ab 2002) hat Israel mit dem Bau eines „Sicherheitszaunes“ begonnen um seine Bevölkerung vor Terroranschlägen durch palästinensische Extremisten zu schützen. In Bethlehem ist dieser „Sicherheitszaun“ eine 9 Meter hohe Betonmauer. Diese Mauer ist lediglich von Wachtürmen und Checkpoints unterbrochen. Jeder der rein oder raus möchte muss durch eine Sicherheitskontrolletortur.
Wenn man heute von Bethlehem nach Jerusalem fahren möchte hat man zwei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit ist, zum „Checkpoint 300“ am nördlichen Rand von Bethlehem zu fahren, zu Fuß durch den Checkpoint zu gehen und anschließend einen der arabischen Busse auf der anderen Seite zu nehmen um weiter nach Jerusalem zu fahren. Die andere Möglichkeit ist, im Zentrum von Bethlehem in Bus 21 einzusteigen und ohne umzusteigen nach Jerusalem zu fahren. Ein kleiner Hacken an der zweiten Möglichkeit ist, dass der Bus nicht mehr auf direktem Weg nach Jerusalem fahren kann. Seit die Mauer fertiggestellt ist muss der Bus einen riesigen Umweg machen um westlich von Beit Jala durch einen „Straßencheckpoint“ zu fahren. Da der Bus aus den palästinensischen Autonomiegebieten kommt wird er nicht wie die israelischen Busse einfach durchgewinkt sondern automatisch herausgezogen. Der Bus fährt auf eine separate Spur, hält an und die Türen gehen auf. Draußen stehen 5 etwa 19-jährige israelische Soldaten die gelangweilt auf ihren iPhones herumtippen. Einer von ihnen wirft einen Blick in den Bus und zeigt mit dem Kopf zur Tür. Das war die Anweisung auszusteigen. Alle (außer Personen über 50 Jahre) müssen den Bus verlassen. Ich wollte gerade aufstehen und rausgehen, da sah einer der israelischen Soldaten den deutschen Pass in meinen Händen. Ich durfte sitzen bleiben. Nachdem alle Leute ausgestiegen sind betreten 2-3 Soldaten den Bus. Sie laufen von vorne bis hinten durch den Bus, die geladene M16 unterm Arm, die Hand am Abzug. Jeder Pass wird genauestens studiert, jede „Permission“ gelesen und alle Sitzreihen werden durchgesehen. In der gleichen Zeit kontrollieren die anderen Soldaten die Pässe und Sondergenehmigungen der Menschen außerhalb des Busses. Nach etwa 15 Minuten waren sich die Soldaten offensichtlich einig, dass keine Selbstmordattentäter und Terroristen auf dem Weg nach Jerusalem waren, alle konnten wieder einsteigen und der Bus konnte endlich weiter fahren.
Bleiben zwei Fragen:
Wie kann es sein, dass ich als Touristin, den Menschen die seit Generationen in diesem Land leben, bevorzugt werde? Wie können sich die Israelis sicher fühlen, wenn tagtäglich so viele, so junge Soldaten (~175.000), so schwer bewaffnet sind? (Es ist nicht gerade förderlich für mein Sicherheitsempfinden, wenn mir ein 19-jähriger Soldat eine geladene M16 ins Gesicht hält!)

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